Thursday, January 25, 2007

 

Almut aus Guatemala

"Gualtemaltekisches Schulsystem
Viele Hausaufgaben gerade in den untersten Klasse bestehen daraus viel zu kopieren, seien es die Buchstaben, einzelne Wörter oder Sätze, die einfach Seitenweise abgeschrieben werden müssen. Ich habe das Gefühl, dass viele Kinder dabei nicht denken müssen und gar nicht wissen, was sie gerade schreiben. So kommt es im Pastoral oft vor, das sie zwar prima lesen können, aber keine Ahnung vom Inhalt des Textes haben. Ebenso haben viele Kinder überhaupt kein Gefühl für Zahlen, z.B. das das Kleine Einmaleins nicht über nicht 100 hinausgeht. Sie können die Zahlen nicht mit einer Größe vergleichen, vor allem die Zahlen untereinander nicht. Der Witz ist eigentlich, das hier auf den Heften hinten das Kleine Einmaleins draufsteht, sodass sie es immer einfach ablesen können - ich habe mir vorgenommen, das alle Kinder ab der 3. Klasse hier bis zum Ende meines Freiwilligendienstens das Kleine Einmaleins können. Wie ich das schaffe, steht noch nicht fest, außer das ich ein Einmaleins Memory basteln werde. Tipps sind sehr willkommen! Es gibt hier außerdem die Möglichkeit eine Klasse sooft zu wiederholen, bis man sie bestanden hat, oder die Eltern eingreifen, das Kind entweder meistens ganz von der Schule nehmen oder in seltensten Falle auf eine, für das Kind geeignete Schule schicken. So kommt es schon mal vor, das ein 11 Jähriges Mädchen, wie Carla aus dem Pastoral nach drei Jahren sitzen bleiben in der 1. Klasse jetzt gar nicht mehr zur Schule geht, nicht schrieben und kaum lesen kann, aber weil ihre kleineren Schwestern ins Pastoral kommen, auch mitgeht, damit sie nicht den ganzen Tag nur in Haus sitzt. Meine Projektleiterin Nelly spricht schon seit 2 Jahren mit der Mutter von Carla, damit Carla in der Behindertenschule EDECRI eine besser Betreuung bekommt, und vielleicht noch eine Chance auf ein bisschen Bildung hat, aber die Mutter will das nicht, geschweige denn der Vater. Was für eine Zukunft hat dieses Kind, das nur zuhause sitzt, aus Depression ihre kleine Schwestern schlägt, weil diese vieles besser können? - Es wird wahrscheinlich wie viele andere Kinder später heiraten, Kinder bekommen und ihrem Mann gehorchen und bekochen, der sie gut möglich auch noch schlagen wird. So sieht für viele die Realität hier aus, ob sie da die Rechte der Kinder in der Schule auswendig lernen müssen oder nicht, ändert nichts, auch nicht das es hier einen Tag der Kinder gibt, so wie in Deutschland den Mutter- oder Vatertag, der hier am 1. Oktober gefeiert wurde. Keiner fühlt sich in so einem Falle verantwortlich für das Kind die beste Lösung zu finden, wobei die Eltern oft auch keine Ahnung von den Möglichkeiten für ihr Kind haben.

Hier möchte ich noch ein Erlebnis mit meiner Gastfamilie niederschreiben: Wir saßen abends am Tisch, nachdem ich hier ungefähr einen Monat wohnte und ich bedankte mich mit folgenden Worten und einer Tafel Milka-Schokolade: “Danke, dass ihr für mich die Tür eures Hauses geöffnet habt und ich Teil eurer Familie werden konnte.” Zuerst war es fast unheimlich, weil alle leise wurden und mir zuhörten, dann folgte von meinem Gastvater, der sonst eigentlich eher weniger sagt, außer wenn er richtig gut drauf ist, denn dann muss er immer scherzen: “Nicht nur die Tür ist offen für dich, sondern auch unser Herz hat dich aufgenommen!” Solche emotionsvollen und vom Herzen kommenden Ausdrücke sind wir als Europäer kaum gewöhnt, aber so etwas tut einfach unheimlich gut zu hören."

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